Cover_19-6_gruen_low

Schweizer Fachzeitschrift
für Publishing und Digitaldruck


Heft-Archiv >> 2011 >> Publisher 3-11 >> Imaging >> Keywording gibt Bildern mehr Wert

Keywording gibt Bildern mehr Wert

Die Welt wird überschwemmt mit digitalen Fotos. Das Internet vereinfacht die Publikation und den Vertrieb. Keywording hilft dabei, Fotos aus der Masse hervorzuheben. Doch erst die richtigen Werkzeuge erlauben ein effizientes und konsistentes Keyworden.

karsten Risseeuw  Mit der Masse der verfügbaren Bilder steigt auch die Anforderung an die relevanten Informationen. Keywording ist der Überbegriff für das Hinzufügen relevanter Informationen zu Fotos. Das englische «keyword» heisst übersetzt so viel wie «Stichwort», im Sinne eines Suchbegriffes. Das Hinzufügen von Suchbegriffen wird keyworden genannt, während die Arbeit generell als Keywording bekannt ist. Es gibt sogar den Beruf Keyworder. Deutsche Begriffe wie «Schlagworte» und «verschlagworten» werden seltener verwendet. Keywording betrifft also mehr als nur das Hinzufügen von Keywords. Treffender wäre ein Ausdruck wie «Metadaten pflegen». Dazu gehören die Suchbegriffe, jedoch auch weitere Informationen wie Bildbeschreibung, Fotograf, Aufnahmedatum, Aufnahmeort, Lizenzinhaber, Rechteinhaber und viele weitere Einzelheiten.

Im ersten Teil dieser Serie sind wir der Frage nachgegangen, welche inhaltlichen Kriterien für das Keywording digitaler Bilder von Bedeutung sind. In diesem Artikel wollen wir technische Ansätze für das Keywording erforschen. Dabei werden wir die Merkmale verschiedener Softwarelösungen erkennen und einschätzen lernen. Eine einzige richtige Lösung für alle Zwecke gibt es nicht. Wer aber mit Weitblick das Keywording für eigene Bilder plant, profitiert von einer besseren Nutzung – und von besseren Verkaufsresultaten.

Metadaten

In Photoshop, Bridge, Lightroom, Aperture und anderen Bildbearbeitungsprogrammen lassen sich Keywords und weitere Metadaten problemlos bearbeiten. Informationen zu Bildern können dargestellt und manuell ergänzt werden. Wer diese Lösungen einmal miteinander verglichen hat, stellt fest, dass die eingegebenen Daten nicht immer von anderen Programmen gelesen werden können und manchmal auch in anderen Feldern erscheinen. Das kommt daher, dass für die Speicherung von Metadaten sowohl verschiedene Metadatenstandards als auch verschiedene Technologien zum Einsatz kommen. Dabei ist nicht immer auf Anhieb klar, was ein Informa­tions­standard und was eine technische Struktur ist. Insbesondere zwei Begriffe werden verwendet: IPTC und XMP.

Bekannt, zuverlässig und vielseitig ist die Metadatenbeschreibung von www.iptc.org. Die IPTC-Definition legt fest, welche Informationen in welcher Art, wo und wie abgelegt sind. IPTC ist ein Informationsstandard. Wenn Softwareprogramme sich auf diesen Standard festlegen, können alle dieselben Felder und Informa­tio­nen lesen und schreiben. Ein kleiner Haken dabei: Der IPTC-Standard kennt verschiedene Varianten und hat sich über die Zeit weiterentwickelt. Als heutiger Gebrauchsstandard hat sich IPTC Core 1.1 etabliert, womit sich die allgemeinen Informationen zuverlässig speichern lassen. Neuere Standards gibt es bereits, sie sind aber in vielen Softwareprogrammen noch nicht umgesetzt.

XMP dagegen ist kein Informa­tions­standard, sondern eine technische Informationsstruktur, die von Adobe in Anlehnung an XML kreiert wurde. XMP definiert, wie sich Informationen speichern lassen, nicht jedoch, welche Information an welchem Ort abgelegt wird. Während XMP als Technologie sehr offen ist, gewährleistet diese Offenheit noch keine standardisierten Arbeitsabläufe. Es ist wie das Papier, auf welches eine Landkarte gedruckt werden kann. Man könnte die Landkarte von Bulgarien ebenso darauf drucken wie die der Berner Innenstadt. Beide haben nur das Papier gemeinsam, nicht die Ortsangaben. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass IPTC-Felder die richtige Wahl sind, wenn Sie Informationen mit Bildern auf die Reise schicken, vor allem dann, wenn die benutzten Plattformen zur Veröffentlichung unterschiedlich sind.

Dateibrowser und Datenbanken

Softwarelösungen für die Bearbeitung von Metadaten und für das Keywording unterscheiden sich nach der Art, wie sie Bilder verarbeiten. Es gibt Dateibrowser und Datenbanken. Photoshop, Aperture und ähnliche Lösungen sind Dateibrowser. Sie laden einzelne Bilder von der Festplatte, lesen die Metadaten aus den Dateien in die Datenbank ein und können die Informationen auch wieder in die Fotos zurückschreiben. Zwischen den Bildern gibt es keine verbindende Information. Sobald eine Änderung gesichert ist, weiss weder Photoshop noch Aperture über die frühere Information Bescheid.

Dateibrowser erscheinen einfach, weil keine besondere Datenstruktur oder Organisation vorausgesetzt wird. Ein Dateibrowser sieht ein Bild und kann es bearbeiten. Dateibrowser sind aber auch beschränkt, weil sie keine zusammenhängende Informationsverarbeitung erlauben. Metadaten sind nur pro Bild, nie aber als zusammenhängender Katalog verarbeitbar. Dateibrowser funktionieren nach dem Prinzip «schnell, aber zusammenhangslos». Die meisten Softwarelösungen funktionieren nach diesem Prinzip: Photoshop und Lightroom (www.adobe.com), Aperture (www.apple.com), Image Info Toolkit (www.image-info-toolkit.com), PhotoMechanic (www.camerabits.com), ThumbsPlus (www.cerious.com), BreezeBrowser (www.breezesys.com/BreezeBrowser/) oder eines der vielen anderen Tools.

Die zweite Art, mit Metadaten umzugehen, ist eine Datenbank. Spotlight, die systemweite Suchfunktion des Apple-Betriebssystems, funktioniert beispielsweise mit einer Datenbank. Wenn Dateien auf der Festplatte gespeichert werden, indiziert das Betriebssystem diese Dateien automatisch. Eine Bildsuche über Spotlight ist deshalb besonders schnell und im Alltag sehr praktisch. Datenbanken eignen sich perfekt für die Bildsuche und auch für die zusammenhängende Verarbeitung. Ausserdem ist die Information über Bilder nicht nur in den Dateien, sondern zusätzlich noch in der Datenbank gespeichert. Wer über die Zeit die bessere Übersicht über seine Daten behalten will, tut gut daran, mit Datenbanken zu arbeiten. Datenbankbasierte Werkzeuge sind beispielsweise Portfolio (www.extensis.com), Cumulus (www.canto.de) oder KIM Keywording (www.kursiv.com). Eine systemweite Lösung für Mac gibt es mit Open­Metadata (http://code.google.com/p/openmeta/), unterstützt von beispielsweise Deep und TagIt (www.ironicsoftware.com). Und natürlich: Jede Website, die Bilder verwaltet, arbeitet mit Datenbanken.

Welcher der beiden Softwareansätze für Ihre Projekte geeignet ist, sollte sorgfältig evaluiert werden. Fotografen, die für Microstock-Websites produzieren, nutzen meist Dateibrowser und keyworden in einer Sprache. «Schnell und einfach» lautet die Devise. Bildagenturen dagegen nutzen oft Datenbanken, weil damit nicht nur mehrsprachiges Keywording möglich ist, sondern erfahrungsgemäss auch eine Aktualisierung bereits erfasster Daten sicherer und bequemer vonstattengeht. Hier geht es um Qualität und Datenkontrolle. Nicht selten werden Bildagenturen Dutzende unterschiedliche Sets mit Metadaten für verschiedene Partner bereitstellen. Dies wäre ohne Datenbank kaum möglich.

Keywording optimieren

Keywording ist Fleissarbeit. Keywording ist auch anspruchsvoll. Es braucht ein breites Allgemeinwissen, gute Kenntnisse über die dargestellten Themen und idealerweise auch Erfahrung im Umgang mit der Bildersuche. Das alles aber sichert noch keine Konsistenz beim Keywording. Ein konsistentes Keywording ermöglicht am Montagmorgen die gleiche Qualität wie am Tag darauf. Da sich aber unsere eigene Wahrnehmung von Tag zu Tag ändert, von Gemütsschwankungen, Müdigkeit, Arbeitsmenge und vielen anderen Faktoren abhängig ist, braucht es eine Strategie, die eine möglichst gleichbleibende Qualität sicherstellt. Wir müssen uns selbst sozusagen austricksen oder im Team dieselben Leistungen erbringen können. Ausserdem soll die Effizienz im Keyworden hoch sein. Das setzt zweierlei voraus:

1. Geprüfte Wortliste oder Keyword-Datenbank Konsistenz beim Keyworden wird unter anderem durch die Verwendung einer geprüften Wortliste oder einer Keyword-Datenbank gewährleistet. Die meisten Bildagentu­ren oder Stockfotografen bauen mit der Zeit eine solche Liste auf. Die dort investierte Zeit ist eine Investition in den Verkauf und in die Auffindbarkeit von Bildern. Eine allgemeine Liste (in Englisch) bietet beispielsweise die Website Controlled Vocabulary an (www.controlledvocabulary.com/products). Die Liste lässt sich vorformatiert für verschiedene Programme erwerben. Die Website bietet ausserdem tonnenweise Informationen zu Metadaten, Taxonomien und David Riecks, dem Betreiber der Website, und hat ein sehr aktives Forum, worüber sich Metadatenspezialisten aus aller Welt austauschen. Was aber, wenn Ihr bevorzugtes Produkt keine Wortliste hat? Da gibt es nur eine Antwort: Investieren Sie in den Aufbau einer eigenen Datenbank, denn mit einer eigenen Wortliste oder einer eigenen Keyword-Datenbank sparen Sie später enorm viel Zeit. Es gibt niemanden, der mit einer gekauften Liste tatsächlich alles abdecken kann, was fotografiert wird. Eine gekaufte Liste bietet bestenfalls einen erleichterten Einstieg. Mit meiner Erfahrung aus dem Alltag einer Bildagentur kann ich sagen, dass die meisten Fotografen und Bildagenturen ihre Keywords laufend optimieren. Denn schnell gefunden ist schon halb verkauft.

2. Spezialisierte Keywording-Software Wer eine spezialisierte Keywording-Software verwendet, kommt schneller ans Ziel. Stehen Sie vor der Aufgabe, regelmässig Hunderte oder Tausende Bilder zu verarbeiten, brauchen Sie Softwareunterstützung. Einige schwören dabei auf Onlinelösungen. Ich selbst habe die Erfahrung gemacht, dass eine Onlineverarbeitung viel langsamer als eine Offlinevorbereitung ist. Schneller sind Sie also, wenn Sie Ihre Bilder mit einer ganz normalen Software vorbereiten und diese erst im Anschluss auf Websites oder in andere Systeme laden. Zwei dieser Tools möchte ich hier vorstellen.

Photo Mechanic

Photo Mechanic ist eine englischsprachige Software, die Metadaten von Bildern sehr vielseitig bearbeiten und aufbereiten kann (www.camerabits.com). Vom Ansatz her ist es ein Dateibrowser, was jedoch für viele Fotografen ausreicht. Es wird mit Wortlisten gearbeitet. Zusätzlich gibt es eine hierarchische Keyword-Struktur. Dadurch eignet sich das Tool auch für eine bessere Verschlagwortung (wenn auch nur einsprachig). Auf der Suche nach weiteren Begriffen für die eigenen Keywords gibt es Hilfe durch verschiedene Websites. Beispielsweise hat der erfolgreiche Microstock-Fotograf Yuri Arcurs auf seiner Website eine Onlinehilfe für das Zusammenstellen von Tag-Clouds (http://www.arcurs.com/keywording/) eingerichtet. Geeignete Keywords auf Deutsch können beispielsweise via www.open­;thesaurus.deoder www.leo.org gesucht werden.

KIM Keywording

KIM Keywording wurde von Kursiv speziell für die Verarbeitung von grossen Bildmengen entwickelt (www.kursiv.com). Es ist eine datenbankbasierte Keywording-Software, die bis zu 10 Sprachen parallel verarbeiten kann, darunter auch nichtlateinische Sprachen. Typische Zielgruppen sind Stockfotografen mit grösseren eigenen Kollektionen oder Bildagenturen sowie professionelle Keyworder.

KIM Keywording arbeitet mit einer hierarchischen Keyword-Struktur. Zwar machen das auch andere Produkte, wie Photo Mechanic oder Image Info Toolkit, aber Letztere erstellen keine Bilddatenbank. KIM Keywording nutzt eine Bilddatenbank als Bindeglied zwischen den Fotos und der Keywordstruktur. Dabei «denkt» KIM Keywording nicht in Keywords, sondern in Kontexten. Jedes Keyword steht in der Hierarchie an einer einmaligen Position. Jedes Wort ist einmalig mit anderen Wörtern verknüpft, sodass beispielsweise «Orange» einmal im Kontext «Farbe» erscheint und ein weiteres Mal im Kontext «Zitrusfrüchte». Technisch gesprochen: Es gibt für jedes Keyword eine einmalige Identifikationsnummer. Diese Identifikation wird zusammen mit den Keywords in der Bilddatenbank abgelegt. Der Vorteil dieser Vorgehensweise: Ein Link zwischen den bereits verarbeiteten Bildern und der Keyword-Datenbank bleibt bestehen. Ändere ich nun etwas an der Keyword-Datenbank oder füge ich eine Sprache hinzu, lässt sich aufgrund dieser einmaligen Identifikationsnummern die ganze Bilddatenbank aktualisieren. KIM Keywording schafft damit die Möglichkeit, auch nachträglich korrekte Ergänzungen oder Änderungen zu bewerkstelligen. Für Bildagenturen besonders hilfreich ist der Export von Metadaten in vielen Formaten. Auch lässt sich das Tool dazu nutzen, Metadaten beispielsweise aus Excel-Dateien in dieses Format zurückzuspeichern.

Noch ein Wort zur Effizienz: Erfahrungsgemäss lassen sich pro Tag und Arbeitsplatz – und je nach Bildkollektion – zwischen 300 und 400 Bilder verarbeiten. Oder anders formuliert: Ein ausführliches Keywording für kommerzielle Bilder mit 30 bis 200 Wörtern (inklusive Bildbeschreibung) dauert pro Bild rund ein bis zwei Minuten. Bei unbekannten Bildthemen und vielen neuen Keywords ist die Verarbeitung entsprechend aufwändiger.

Fazit

Es gibt heute gute Werkzeuge für die Verarbeitung von Metadaten in Fotos. Spezialisierte Werkzeuge setzen eine Einarbeitungszeit sowie den Aufbau einer Keyword-Struktur voraus. Diese Investition zahlt sich jedoch bald aus, da eine höhere Verarbeitungsgeschwindigkeit und eine bessere Qualität erreicht werden. Gut verarbeitet heisst denn auch, dass Bilder genutzt und verkauft werden können. Keywording ist damit ein effizientes Informationsmanagement, das dabei hilft, Ihr Bildkapital zu sichern.

Der Autor

Karsten Risseeuw ist Eigentümer der Bildagentur Kursiv. Die Erfahrung mit Bilddatenbanken und Metadaten setzt Kursiv auch für die Entwicklung von Keywording-Software und Keywording-Dienstleistungen ein. Kontakt: karsten@kursiv.com.